Magazin DGUV Vorschrift 2: Erleichterungen für kleine Betriebe seit April 2025
Seit dem 1. April 2025 gilt die überarbeitete DGUV Vorschrift 2. Sie bietet insbesondere kleinen Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten neue, praxisnahe Möglichkeiten zur rechtssicheren und digitalen Gestaltung des Arbeitsschutzes. Ziel der Neuregelung ist es, die betriebliche Arbeitsschutzorganisation zu vereinfachen, zu digitalisieren und den spezifischen Anforderungen kleiner Betriebe besser gerecht zu werden.
Mit der Überarbeitung der DGUV Vorschrift 2, die Ende 2024 von der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beschlossen wurde, treten tiefgreifende Änderungen für die betriebliche Betreuung in Kraft. Die Vorschrift regelt die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung von Unternehmen und setzt auf die Mitwirkung von Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärztinnen und Betriebsärzten.
Die neue Fassung wird nun nach und nach von den Unfallversicherungsträgern eingeführt. Den Auftakt macht die BGHM am 1. April 2025. Weitere Berufsgenossenschaften und Unfallkassen werden im Laufe des Jahres folgen.
Wesentliche Änderungen: Flexibilisierung und Digitalisierung
Ein zentrales Element der Neuregelung betrifft die anlassbezogene Betreuung kleiner Unternehmen. Waren bisher nur Betriebe mit maximal zehn Beschäftigten dazu berechtigt, profitieren künftig auch Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten von dieser flexiblen Form der Betreuung. Diese Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass auch kleinere mittelständische Unternehmen zunehmend komplexeren Anforderungen im Arbeitsschutz gegenüberstehen.
Die anlassbezogene Betreuung bedeutet, dass Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit nur bei bestimmten betrieblichen Anlässen – etwa bei grundlegenden Änderungen von Arbeitsmitteln oder -verfahren – aktiv eingebunden werden müssen. Eine feste regelmäßige Betreuung entfällt, was vor allem für kleinere Unternehmen eine deutliche Entlastung darstellt.
Zudem erlaubt die neue Vorschrift nun auch eine digitale Beratung durch die betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Dienste. Beratungen per Telefon oder Videokonferenz sind möglich, sofern zuvor ein persönlicher Eindruck vom Betrieb gewonnen wurde – in der Regel durch eine Begehung. Damit sollen zeitgemäße Arbeitsweisen unterstützt und insbesondere für Unternehmen in strukturschwachen Regionen die Erreichbarkeit von Fachpersonal verbessert werden.
Erweiterung des Fachkräftepools
Eine weitere zentrale Neuerung ist die Öffnung der Qualifikation für Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Künftig können sich nicht nur Techniker und Ingenieure, sondern auch Absolventinnen und Absolventen aus angrenzenden Fachgebieten – etwa der Arbeits- und Organisationspsychologie, Biologie oder Ergonomie – entsprechend qualifizieren lassen. Damit erweitert sich der Pool an Fachpersonal und erlaubt Betrieben, gezielter auf ihre spezifischen Anforderungen bei der Auswahl von Fachkräften einzugehen.
Die Möglichkeit zur zielgerichteten Auswahl wird vor dem Hintergrund wachsender Komplexität in der Arbeitswelt als bedeutender Fortschritt angesehen. Beispielsweise könnten Betriebe mit überwiegend psychischen Belastungen im Arbeitsalltag nun Fachkräfte mit arbeitspsychologischem Hintergrund beauftragen.
Qualitätssteigerung durch Fortbildungsnachweis
Ein weiterer Pfeiler der Reform ist die Einführung eines verpflichtenden Fortbildungsnachweises. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte müssen künftig jährlich absolvierte Fortbildungen dokumentieren. Dies soll der Qualitätssicherung dienen und Unternehmen eine bessere Einschätzung der fachlichen Aktualität und Kompetenz der beauftragten Personen ermöglichen.
Der Schritt wird von der DGUV als Beitrag zur Professionalisierung der Arbeitsschutzdienste bewertet. Unternehmen erhalten dadurch zusätzliche Sicherheit in der Auswahl und Beauftragung externer Dienstleister.
Neue Zuordnungssystematik und vereinfachte Begrifflichkeit
Die Neufassung der Vorschrift bringt auch Änderungen in der Zuordnung der Betriebe zu Betreuungsgruppen mit sich. Die Gruppen basieren auf der jeweiligen Gefährdungssituation der Branche. Durch die überarbeitete Systematik soll die passende Betreuungsform einfacher ermittelt werden können. Die betriebliche Umsetzung wird dadurch gezielter und rechtssicherer.
Begleitend dazu wurden zentrale Begriffe innerhalb der Vorschrift neu gefasst und in der DGUV-Regel 100-002 erläutert. Diese neue Regel enthält unter anderem praxisnahe Anwendungsbeispiele, etwa zum konkreten Einsatz von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Dadurch erhalten Unternehmen mehr Orientierung bei der Umsetzung der Anforderungen.
Stimmen zur Neuregelung
Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV, äußerte sich positiv über die Neuerungen: „All diese Änderungen ermöglichen es den Betrieben und Einrichtungen, Sicherheit und Gesundheit zukünftig noch besser in die betriebliche Praxis zu integrieren. So holen sie das Beste aus dem fachkundigen Rat von Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit heraus.“
Zugleich betonte er, dass mit den Anpassungen auch die Unternehmensführungen bei der rechtssicheren Organisation des Arbeitsschutzes besser unterstützt würden. Die Vorschrift sei nun klarer, praxisorientierter und moderner gestaltet.
Umsetzung und weitere Informationen
Der neue Mustertext der DGUV Vorschrift 2 steht als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung. Die jeweils trägerspezifischen Fassungen können nach Inkrafttreten bei den zuständigen Unfallversicherungsträgern bezogen werden. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bieten zudem Unterstützung bei der Umsetzung in Form von Schulungen, Beratung und Informationsmaterialien an.
Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den neuen Regelungen vertraut machen, um ihre Pflichten rechtzeitig und vollständig erfüllen zu können. Dabei empfiehlt es sich, interne Prozesse und bestehende Verträge mit Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten auf die neuen Rahmenbedingungen hin zu überprüfen.