Arbeitsschutz und -gesundheit Alte und neue Berufskrankheiten: Das solltet ihr wissen
Ob Schulterschäden durch Überkopfarbeiten oder chronische Atemwegserkrankungen im Bergbau: Berufskrankheiten verändern sich mit der Arbeitswelt. Hier erfahrt ihr, welche neuen Erkrankungen seit 2025 offiziell anerkannt sind und was das für euch als Arbeitgeber:innen bedeutet.

Die Arbeitswelt, wie ihr sie kennt, entwickelt sich stetig weiter. Genauso gelten solche Veränderungen auch für Gefährdungen am Arbeitsplatz, die wiederum dazu führen, dass sich auch Berufskrankheiten mit der Zeit weiterentwickeln. Der Gesetzgeber reagiert darauf mit neuen Einträgen in der Berufskrankheiten-Verordnung.
Im April 2025 kamen erneut drei Krankheitsbilder hinzu, die nun offiziell als Berufskrankheiten gelten. Was dahintersteckt, wer betroffen ist und was Arbeitgeber:innen jetzt wissen sollten, fassen wir in diesem Beitrag kompakt für euch zusammen.
Was ist eine Berufskrankheit?
Eine Krankheit gilt als sogenannte Berufskrankheit, wenn Versicherte die Erkrankung durch eine berufliche Tätigkeit erleiden. Allerdings muss diese Erkrankung in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) aufgelistet sein. Diese basiert auf den gesetzlichen Grundlagen des § 9 Absatz 1 des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Die Ursachen für Berufskrankheiten können unterschiedliche gesundheitsschädigende Einwirkungen sein. Besonders anfällig sind beispielsweise Mitarbeitende aus den Bereichen Chemie, oder im Baugewerbe. Bestimmte Chemikalien oder physikalische Einwirkungen wie Vibrationen, Druck oder das Heben und Tragen schwerer Lasten können häufige Ursachen sein.
Trotzdem kann nicht jede Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden. Die Leistungspflicht der zuständigen Berufsgenossenschaft trifft nur ein, wenn die Krankheit in der Liste der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt ist. Jede anerkannte Berufskrankheit hat eine dazugehörige Nummer auf der Berufskrankheiten-Liste (BK-Liste).
Habt ihr euch gefragt, ab wann etwas als Arbeitsunfall gilt und was die häufigsten Unfälle sind? Dann schaut euch gern auch diesen Beitrag zum Thema Arbeitsunfälle an.

Wer ist zuständig für Berufskrankheiten?
Die Entscheidung darüber, ob und welche Berufskrankheiten in die BK-Liste aufgenommen werden sollen, treffen die gesetzlichen Unfallversicherungsträger:innen.
Das sind:
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Die gewerblichen Berufsgenossenschaften: Für Beschäftigte in privaten Wirtschaftsunternehmen
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Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft: Für Beschäftigte, mitarbeitende Familienangehörige und Selbstständige in der Land- sowie Forstwirtschaft
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Die Unfallversicherungsträger:innen der öffentlichen Hand, z. B. Unfallkassen: Für Beschäftigte von Gemeinden, Ländern und Bund
Die jeweiligen Adressen der einzelnen Unfallversicherungsträger:innen könnt ihr unter:
- Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)
einsehen. Dabei richtet sich die Zuständigkeit immer nach der Branche, in welcher ihr tätig seid oder wart.
Und wer entscheidet über die Aufnahme von neuen Berufskrankheiten?
Die Aufnahme von Erkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten folgt einem klaren Ablauf:
- Wissenschaftliche Bewertung durch den Ärztlichen Sachverständigenbeirat (ÄSVB): Der ÄSVB beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) überprüft, ob eine Erkrankung durch berufliche Einwirkungen verursacht wurde. Darüber hinaus ermittelt er, ob bestimmte Berufsgruppen einem höheren Risiko ausgesetzt sind als die Allgemeinbevölkerung. Sie erstellen wissenschaftliche Empfehlungen und Begründungen, die im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBI) veröffentlich werden.
- Rechtsverordnung durch die Bundesregierung: Basierend auf den Empfehlungen des ÄSVB erlässt die Bundesregierung eine Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Jedoch bedarf diese Verordnung der Zustimmung des Bundesrates.
- Veröffentlichung und Inkrafttreten: Nach der Zustimmung des Bundesrates wird die geänderte Verordnung veröffentlicht und tritt zu einem festgelegten Zeitpunkt in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt sind die neuen Erkrankungen offiziell als Berufskrankheit anerkannt.

Welche neuen Berufskrankheiten sind im Jahr 2025 in die BK-Liste aufgenommen worden?
Am 01. April 2025 trat die 6. Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung in Kraft. Damit wurden drei neue Krankheiten, die spezifisch mit der jeweiligen beruflichen Tätigkeit in Verbindung stehen, als Berufskrankheit anerkannt. Wenn ihr mehr über die häufigsten Berufskrankheiten erfahren wollt, dann schaut in diesen Beitrag der Deutschen Mittelstandsschutz rein.
Diese neuen Berufskrankheiten gibt es:
1. Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter (BK-Nummer: 2117)
Die Rotatorenmanschette ist für die Außen- und Innenrotation der Schulter zuständig und verhindert, dass der Oberarmkopf aus der Schulter springt. Versicherte Personen können von dieser Erkrankung betroffen sein, wenn sie beispielsweise in der Textilindustrie, auf Schleif-, Schweiß- und Montagearbeitsplätzen, in der Fischverarbeitung, auf Schlachthofarbeitsplätzen sowie in der Forst- und Bauindustrie tätig sind. Diese Berufskrankheit ist nicht von allein heilbar und muss mit passenden medizinischen Therapien behandelt werden.
Durch die folgenden langjährigen und intensiven Einwirkungen kann eine Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter begünstigt werden:
- Das Arbeiten mit den Händen auf Schulterniveau oder darüber
- Häufige sich wiederholende Bewegungsabläufe des Oberarms im Schultergelenk
- Arbeiten, die eine Kraftanwendung im Schulterbereich erfordern, insbesondere das Heben von Lasten
- Regelmäßige Hand-Arm-Schwingungen
Wie könnt ihr einer Schädigung der Rotatorenmanschette vorbeugen?
Als Arbeitgeber:innen könnt ihr eine Schädigung der Rotatorenmanschette vorbeugen, indem ihr in eurem Betrieb in eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung investiert. Genauso wichtig ist es für eure Mitarbeitenden, regelmäßige Pausen mit Dehnübungen durchzuführen, um die Gelenke und Muskeln zu lockern und die Durchblutung zu fördern. Das Achten auf eine gute Körperhaltung gewährleistet zudem eine gleichmäßige Belastung der Schulter.
2. Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) (BK-Nummer: 2118)
Diese Berufskrankheit betrifft besonders Fußballspieler:innen. Betroffen von dieser Erkrankung können Personen sein, die mindestens eine 13-jährige Tätigkeit als professionelle Fußballspieler:innen absolviert haben und davon mindestens zehn Jahre in einer der drei obersten Fußballligen bei Männern oder einer der beiden obersten Ligen der Frauen verbracht haben. Spielzeiten im Alter von 16 bis 19 Jahren in niedrigeren Ligen zählen ebenfalls mit, wenn es sich dabei um eine versicherte Tätigkeit handelt.
Was sind Maßnahmen gegen eine Gonarthrose?
Zum Vorbeugen dieser Erkrankung ist es besonders wichtig, eine gesunde Gewichtsbalance zu halten. Dazu zählt auch, regelmäßige, gelenkschonende Bewegungen durchzuführen. Sportarten wie Fahrradfahren, Schwimmen oder Yoga sind dabei gute Optionen. Auch eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst kann dazu beitragen, die Knorpel zu schützen und Entzündungen im Körper zu reduzieren.
3. Chronische obstruktive Bronchitis (COB oder eng. = COPD), einschließlich Emphysem (BK-Nummer: 4117)
Eine chronische Bronchitis ist durch eine dauerhafte Entzündung der Bronchien gekennzeichnet, was bei Betroffenen zu Husten und Atemwegsausscheidungen führen kann. Von einer COB spricht man, wenn sich zusätzlich eine dauerhafte Verengung der Atemwege nachweisen lässt. Von dieser Berufskrankheit sind besonders Erzbergleute, einschließlich Mitarbeitende aus dem Uranerzbergbau, betroffen. Darüber hinaus kann diese Erkrankung häufig auch bei Versicherten im Tunnelbau, Sandstrahlen, Gußputz, Ofenmaurer:innen, Former:innen in der Metallindustrie und Personen, die in den Bereichen Steingewinnung, -bearbeitung, und -verarbeitung oder in grob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallaboren beschäftigt sind, auftreten.
Wie kann einer chronisch obstruktiven Bronchitis vorgebeugt werden?
Schadstoffe in der Luft, wie Chemikalien oder Feinstaub, können die Entwicklung einer COPD begünstigen. Als Arbeitgeber:innen solltet ihr eure Mitarbeiter:innen dementsprechend mit geeigneter Schutzkleidung wie Atemwegsmasken davor schützen, oder wenn möglich den Kontakt eurer Beschäftigten zu diesen Stoffen komplett vermeiden. Auch der Verzicht auf Nikotinkonsum bei euren Mitarbeiter:innen, kann Schäden an der Lunge und den Atemwegen zwar nicht ganz aufhalten, aber deutlich verlangsamen. Eine Aufklärung darüber kann beispielsweise mit dem oder der Betriebsärzt:in erfolgen.

Was sollten Arbeitgeber:innen tun, wenn eine Berufskrankheit anerkannt wurde?
Wurde bei eine:r Mitarbeiter:in eine Berufskrankheit festgestellt, so bleibt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zunächst einmal bestehen. Ist ein:e Mitarbeiter:in durch die Berufskrankheit arbeitsunfähig geworden, so hat der oder die Arbeitnehmer:in einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Unabhängig davon, ob es eine anerkannte Berufskrankheit oder eine Krankheit mit anderen Ursachen ist, seid ihr als Arbeitgeber:in gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) verpflichtet. Dabei klärt ihr im besten Fall die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit des oder der Arbeitnehmer:in überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmenden erhalten werden kann. In diesem Beitrag der Deutschen Mittelstandsschutz könnt ihr noch mehr über das Thema betriebliches Eingliederungsmanagement erfahren.
Als Arbeitgeber:innen seid ihr verpflichtet, die Gesundheit eurer Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen. Damit dies gelingt, solltet ihr diese zentralen Maßnahmen regelmäßig umsetzen und dokumentieren:
- Regelmäßige Gefährdungsbeurteilung
Die Grundlage jeder Prävention ist die Gefährdungsbeurteilung. Sie hilft euch dabei, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und passende Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Achtet darauf:- Die Beurteilung regelmäßig aktuell zu halten, beispielsweise bei Änderungen im Arbeitsablauf, -ort oder bei neuen Erkenntnissen.
- Besonders gefährdete Tätigkeiten, wie das Arbeiten mit Chemikalien, separat zu erfassen.
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA) bereitstellen
Bei einigen Tätigkeiten sind Atemschutz, Schutzhandschuhe, Gehörschutz, Helme oder auch UV-Schutzkleidung notwendig. Diese solltet ihr euren Mitarbeitenden rechtzeitig und kostenfrei zur Verfügung stellen. Mehr dazu findet ihr in diesem Beitrag. Wichtig dabei ist:
- Die Auswahl einer geeigneten PSA anhand der Gefährdungsbeurteilung zu treffen.
- Euren Mitarbeiter:innen eine verständliche Unterweisung zur richtigen Nutzung der PSA zu geben.
- Die PSA regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen.
- Arbeitsmedizinische Vorsorge ermöglichen
Durch eine frühzeitige Vorsorge können Berufskrankheiten oftmals erkannt werden. Ihr seid verpflichtet, bestimmte arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu ermöglichen, z. B. bei Arbeiten mit Gefahrstoffen oder UV-Strahlung. Diese Vorsorgemodelle gibt es:- Angebotsvorsorge
- Pflichtvorsorge
- Wunschvorsorge
Rechtlich sicher und gesund handeln mit der Arbeitssicherheit Sofort
Ob Infektionskrankheiten, Lärmschwerhörigkeit oder neue Berufskrankheiten wie COPD, dieser Beitrag zeigt: Berufskrankheiten können vielfältig sein, sind oft schwer zu erkennen und für euch als Arbeitgeber:innen mit klaren Pflichten verbunden. Von der Gefährdungsbeurteilung an eurem Arbeitsplatz über die Bereitstellung von geeigneter Schutzkleidung bis hin zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Wenn ihr hier präventiv handelt, schützt ihr nicht nur eure eigene Belegschaft, sondern auch euer Unternehmen vor rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen. In unserem Magazin findet ihr weitere informative und interessante Beiträge rund um die Arbeitswelt.
Damit ihr beim Thema Arbeitssicherheit keine Kompromisse eingehen müsst, unterstützen wir von der Arbeitssicherheit Sofort euch dabei, gesetzliche Anforderungen verständlich und praxisnah umzusetzen. Wir erstellen für euch rechtskonforme Gefährdungsbeurteilungen, begleiten euch bei Vorsorgemaßnahmen und beauftragen nötige Sicherheitsfachkräfte für euch. Auf unserer Smart Campus Plattform findet ihr alle Leistungen auch digital.
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